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Die einfachste Lösung: Firmenregeln zum Duzen und Siezen
Manche Unternehmen, in denen viel Wert auf Tradition gelegt wird, schreiben auch das Sie zwischen allen Mitarbeitern oder zwischen verschiedenen Hierarchieebenen des Unternehmens vor. Solche Regeln dienen dazu, eine professionelle Distanz zu wahren. Manche Unternehmensberatungen trennen beispielsweise strikt zwischen Beratern und Support Staff und betonen diese Trennung durch ein verpflichtendes Sie zwischen diesen verschiedenen Berufsgruppen. So wird eine Dienstleistungsbeziehung innerhalb des Unternehmens hergestellt, in der man Abstand zueinander wahrt.
Egal, wie solche Regeln im Detail aussehen: Wenn es welche in Deinem Unternehmen gibt, solltest Du Dich vor allem zu Beginn Deiner Tätigkeit genau daran halten. Wenn in Deiner Firma das Sie gepflegt wird, solltest Du nicht am ersten Tag in der Firma allen das Du anbieten. Nimm Dir erst einmal Zeit, die Gepflogenheiten kennenzulernen und sprich Deine neuen Kollegen so an, wie sie Dich ansprechen.
Ein Tipp: Wenn Du noch nicht weißt, ob Du jemanden mit Du oder Sie ansprechen sollst, nenne bei der Vorstellung einfach Deinen Vor- und Nachnamen. Wenn Du Dich mit „Klaus Meier“ vorstellst statt mit „Meier“ oder mit „Ich bin der Klaus“, lässt Du die konkrete Ansprache offen – und machst damit nichts falsch.
Was ist besser im Büro – Du oder Sie?
Wenn es in Deinem Unternehmen keine Vorgaben für den Umgang mit dem Du oder Sie gibt, musst Du selbst entscheiden, ob Du Kollegen das Du anbieten möchtest. Bevor Du dies tust, solltest Du Dir überlegen, welche Variante der Ansprache Dir in der konkreten Situation lieber ist. Denn wenn Du einmal anfängst, Deinen Chef zu duzen, wird es sehr schwierig, diese Beziehung wieder zu einem distanzierten „Sie“ zurückzuentwickeln, ohne dass die Situation für Euch beide unangenehm wird. Sowohl das Du als auch das Sie haben Vorteile.
Für das Du spricht wie weiter oben bereits erwähnt, dass man sich mit Menschen, die man duzt, automatisch auf Augenhöhe begegnet. Der Umgang wird gleichberechtigter und lockerer. Es fällt leichter, mit Menschen einen Witz zu machen, die man duzt, oder sie auch einmal um Hilfe zu bitten. Das geht per Sie zwar auch, aber die Distanz bleibt beim Sie einfach größer.
Wer duzt wen zuerst?
Wenn Du jemandem das Du anbieten möchtest, ist dies eine Vertraulichkeit, die auch leicht unpassend wirken kann. Daher solltest Du nicht vorschnell das Du anbieten, sondern lieber abwarten und Dich umschauen, wie andere das handhaben. Wenn Du aber sicher bist, dass Du einen Kollegen oder eine Kollegin duzen möchtest, ist es wichtig, von wem die Initiative ausgeht. Dabei gelten im Privatleben für die Frage nach dem Du oder Sie andere Regeln als im Büro.
Im Privatleben unterscheidet man bei der Frage „Wer duzt wen zuerst?“ nach Alter und Geschlecht. Der oder die Ältere darf Jüngeren das Du anbieten, nicht umgekehrt. Manche Benimmtrainer gehen auch davon aus, dass Frauen immer das Du anbieten dürfen und die Frage nach dem Alter damit nicht mehr relevant ist. Dies ist jedoch umstritten. Im Zweifel sollte man dem Älteren den Vortritt lassen.
Dass man im Privaten den Älteren das Du anbieten lässt, ist eine Form des Respekts. Im Unternehmen gilt jedoch nicht Alter allein als Grund für besonderen Respekt, sondern vor allem die Stellung im Unternehmen. Dies gilt auch für die Frage: „Wer duzt wen zuerst?“. Daher heißt es im Büro, dass immer der Ranghöhere das Du anbietet. Seinem Vorgesetzten das Du anzubieten ist dagegen ein Faux-pas. Bei Kollegen, die mit Dir auf der selben Hierarchiestufe stehen, solltest Du den Dienstälteren den Vortritt lassen.
Wenn Du selbst jemandem das Du anbietest, solltest Du auch eine gute Formulierung wählen. Sätze wie „Du kannst mich auch duzen“ oder „Nenn‘ mich ruhig Heinz“ sind übergriffig. Denn in dem Moment duzt Du Dein Gegenüber ja bereits, ohne dass er sein Einverständnis gegeben hätte. Mit dem Duzen sollte man aber immer gleichzeitig anfangen. Die Frage „Wer duzt wen zuerst?“ sollte sich gar nicht stellen. Eine gute Formulierung ist zum Beispiel: „Wir können uns von meiner Seite her gerne duzen“ oder „Sollen wir uns nicht duzen?“ Wichtig ist, dass Du die Frage so stellst, dass der andere die Möglichkeit hat, abzulehnen, ohne das Gesicht zu verlieren. Denn manche Menschen mögen das Du auf der Arbeit einfach nicht, und dies solltest Du auf jeden Fall respektieren.
Sollte ich meinen Chef duzen?
Doch egal ob Du oder Sie: Der Chef bleibt Chef. Er kann Deine Arbeitsergebnisse beurteilen, Dir Überstunden anordnen, mit Dir Dein Gehalt verhandeln und sogar disziplinarische Maßnahmen ergreifen. Das Du kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es im Unternehmen zwischen Euch Unterschiede gibt. Wenn Du Schwierigkeiten hast, zwischen einer gleichberechtigten Ansprache und einer hierarchischen Struktur zu differenzieren, solltest Du beim Sie bleiben.
Gibt es keine klaren Duzen-und-Siezen-Regeln in Deinem Unternehmen, musst Du ohnehin das Verhältnis zwischen Deinem Chef und Dir bewerten und entsprechend eine Entscheidung treffen. Ein wichtiger Faktor dabei ist, ob Deine Team-Kollegen den Chef auch duzen.
Siezen alle anderen im Team den Chef und hast Du keine inhaltlich gerechtfertigte Sonderstellung im Team, solltest Du die Frage nach Du oder Sie immer mit „Sie“ beantworten. Denn in erster Linie bist Du Teil des Teams, in dem Du arbeitest, und die Beziehungen zu Deinen direkten Kollegen sollten einen höheren Stellenwert haben als die zum Chef.
Ganz wichtig: Wie weiter oben beschrieben muss Dein Chef das Du anbieten. Wenn Du es von Dir aus tust, wird er sehr wahrscheinlich ablehnen und Eure Beziehung wird dadurch noch distanzierter.
Auf der Firmenparty geduzt – und dann?
Firmenpartys sind dazu da, dass Kollegen und Kolleginnen sich in lockerer Atmosphäre besser kennenlernen. Häufig gibt es dort auch Alkohol, und viele Dinge, die man auf einer Firmenparty sagt oder tut, würde man unter normalen Umständen nicht sagen oder tun. Manchmal kommt es auf solchen Veranstaltungen dazu, dass man sich ganz besonders gut versteht und einander das Du anbietet.
Hatte man dies eh schon länger vor und sich nur nicht getraut, ist das natürlich kein Problem. Wenn das Du jedoch im Überschwang der Stimmung angeboten wurde und Du eigentlich lieber zurück zum distanzierteren Sie kehren würdest, kann der nächste Arbeitstag unangenehm werden.
Eine sehr unhöfliche Variante, zum Sie zurückzukehren, besteht darin, den Kollegen am nächsten Arbeitstag einfach direkt und konsequent zu siezen. Dies solltest Du eher nicht tun, weil Du damit Deinen Kollegen vor den Kopf stößt und Eure Beziehung – die ja zumindest auf der Party ganz gut war – einen großen Schaden erleiden kann. Besser ist es, die Situation direkt anzusprechen.
Du kannst offen sagen, dass Du Dich auf der Feier gut mit ihm verstanden hast und dass Du Dich darüber gefreut hast, dass Ihr Euch auch persönlich so gut verstanden habt, dass Du aber grundsätzlich lieber zum Sie im Büro zurückkehren möchtest, weil Du Dich damit wohler fühlst. Stelle am besten gleich klar, dass dies nichts damit zu tun hast, dass Du den Kollegen nicht schätzt, sondern dass Du einfach gerne Berufliches und Privates trennst und diese Trennung auch durch die Unterscheidung nach Du oder Sie vollziehst. Wenn Du freundlich und transparent das Gespräch suchst, kannst Du eine professionelle Distanz wahren und trotzdem die gute Beziehung zum Kollegen aufrecht erhalten.
Variation: Vorname und siezen
Wahrscheinlich hast Du diese Variante bereits beim Arzt oder zwischen Chef und Assistentin gehört: Manche Vorgesetzte mögen die Ansprache mit Vorname und siezen. Dies wirkt etwas altmodisch, und das aus gutem Grund. Denn die Kombination aus Vorname und siezen gibt es eigentlich nur zwischen einem (meist männlichen) Vorgesetzten und einer (im Normalfall weiblichen) Mitarbeiterin.
Diese spricht den Chef selbstverständlich mit dem Nachnamen an. Beliebt ist dies in der Beziehung zwischen Arzt und Arzthelferin sowie zwischen Vorständen und ihren Assistentinnen. Die Kombination von Vorname und siezen zementiert damit ein doppeltes Machtgefälle: zum einen zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiterin, zum anderen zwischen Mann und Frau. Die Hierarchie tritt viel stärker zu Tage als in allen anderen Formen der Ansprache, weil sie nicht gleichwertig ist.
Das erinnert an das Verhältnis zwischen Erwachsenem und Kind: Der Erwachsene duzt das Kind, das Kind muss aber siezen. Damit wird ganz stark darauf aufmerksam gemacht, dass sich hier zwei ungleiche Menschen gegenüberstehen. Und genau diese Botschaft wird transportiert, wenn der Chef die Mitarbeiterin beim Vornamen nennt und siezt, diese aber zurückduzt. Schon alleine aus diesem Grund solltest Du auf diese Art der Ansprache nicht zurückgreifen und Dich lieber entweder für das Du oder für das Sie entscheiden.
Natürlich ist auch vorstellbar, dass beide sich beim Vornamen nennen und siezen, dies spielt in der Praxis jedoch keine Rolle.